PRP, Microneedling und Exosomen – Regenerative Therapien bei Haarausfall
Die Behandlung von Haarausfall mit sogenannten „regenerativen Verfahren“ wie plättchenreichem Plasma (PRP), Microneedling oder Exosomen wird zunehmend nachgefragt. Viele Patientinnen und Patienten lieben diese sanfte, möglichst natürliche Therapie – insbesondere bei androgenetischer Alopezie. Gleichzeitig ist die Studienlage zu diesen Verfahren heterogen, die Standards uneinheitlich. Eine differenzierte Bewertung ist daher wichtig.
Microneedling: Wirkung und Grenzen
Microneedling kann die Durchblutung der Kopfhaut verbessern und die Freisetzung von Wachstumsfaktoren fördern. In einer Pilotstudie bei Frauen mit androgenetischer Alopezie führte die Anwendung eines professionellen Microneedling-Geräts über einen Zeitraum von zwölf Wochen zu einem messbaren Haarwachstum.
In der Praxis zeigt sich jedoch: Nicht alle Geräte sind gleich wirksam. Entscheidend für einen möglichen Effekt ist eine ausreichende Nadellänge und Anwendungsintensität – was in der Selbstanwendung kaum zu erreichen ist. Darüber hinaus kann Microneedling die Aufnahme von Substanzen wie Minoxidil oder PRP in die Kopfhaut verbessern. Auch hierfür bedarf es einer fachgerechten Durchführung.
PRP – Plättchenreiches Plasma
Bei der PRP-Therapie wird patienteneigenes Blut aufbereitet, um ein Konzentrat an Thrombozyten und Wachstumsfaktoren zu gewinnen. Diese werden gezielt in die Kopfhaut injiziert. Ziel ist eine Verlängerung der Anagenphase sowie eine Aktivierung ruhender Haarfollikel.
Klinische Studien belegen, dass PRP bei einer Vielzahl von Patientinnen und Patienten mit androgenetischer Alopezie die Haardichte verbessern kann. Die besten Ergebnisse werden erzielt, wenn PRP nicht als Monotherapie, sondern ergänzend zur medikamentösen Behandlung (z. B. Minoxidil, Spironolacton …) eingesetzt wird.
Wichtig: PRP hat die Evidenzlage Klasse 3. Es gibt Beobachtungsstudien, Pilotstudien oder Expertenmeinungen ohne standardisierte Studiendesigns. Wichtig: auch hierbei sind Wiederholungen im Abstand von ca. drei Monaten erforderlich, um den Effekt aufrechtzuerhalten. Es handelt sich bei AGA nicht um eine Kurbehandlung.
Exosomen – experimentell und (noch) ohne Zulassung
Exosomen sind kleine Vesikel, die von Zellen ausgeschieden werden und unter anderem Proteine, Lipide und Mikro-RNAs enthalten. Sie gelten als vielversprechende Träger molekularer Signalstoffe und könnten zelluläre Regeneration fördern. Erste Anwendungen bei Haarerkrankungen erfolgen in spezialisierten Zentren, häufig in Kombination mit Microneedling.
Aktuell ist jedoch kein Exosomenprodukt zur Behandlung von Haarausfall von der EMA oder FDA zugelassen. Entsprechende Anwendungen gelten als experimentell. Patientinnen und Patienten sollten kritisch gegenüber Werbeversprechen bleiben.
Studienlage und offene Fragen
Obwohl es zahlreiche Studien zur PRP-Therapie gibt, ist die Aussagekraft vieler Arbeiten begrenzt. Eine oft zitierte randomisierte, placebokontrollierte Studie aus dem Jahr 2020 zeigte keine signifikant bessere Wirkung von PRP gegenüber Placebo. Die Fallzahlen waren niedrig, und es bestand eine große methodische Heterogenität.
Ein zentrales Problem ist die fehlende Standardisierung:
• Unterschiedliche Aufbereitungsverfahren für PRP
• Unterschiedliche Injektionsmuster und Konzentrationen
• Unterschiedliche Zielgrößen (Haardichte, subjektive Zufriedenheit, Haarwachstumsrate)
Auch für Exosomen fehlen derzeit belastbare Studien mit hoher wissenschaftlicher Qualität.
Praktische Einordnung in der Therapieplanung
In der Praxis wird PRP als ergänzende Maßnahme bei Patientinnen und Patienten mit androgenetischer Alopezie eingesetzt, die bereits eine etablierte medikamentöse Therapie erhalten und zusätzlich eine lokale regenerative Unterstützung wünschen. Die Behandlung ist kostenintensiv, nicht immer schmerzfrei und nicht für alle gleichermaßen wirksam.
In den ersten Wochen nach PRP kann es – wie auch nach Microneedling oder Minoxidil – zu einem vorübergehenden verstärkten Haarausfall („Shedding“) kommen. Dies ist in der Regel reversibel und Ausdruck der Umstellung in eine neue Haarzyklusphase.
Exosomen hingegen sollten derzeit ausschließlich im Rahmen kontrollierter Studien oder nach ausführlicher ärztlicher Aufklärung über den experimentellen Charakter eingesetzt werden.
PRP, Microneedling und Exosomen werden in der Regel nicht während der Schwangerschaft oder Stillzeit empfohlen. Zwar handelt es sich um autologe (körpereigene) Materialien, jedoch fehlen kontrollierte Sicherheitsdaten.
Fazit
Regenerative Verfahren wie PRP, Microneedling oder Exosomen können das Erscheinungsbild der Haare verbessern und bestehende Therapien sinnvoll ergänzen. Sie ersetzen jedoch keine evidenzbasierte medikamentöse Behandlung.
Die besten Ergebnisse sehen wir bei einer Kombinationstherapie:
• PRP + Minoxidil zeigt bessere Ergebnisse als Minoxidil allein
• Die Zufriedenheit ist höher, die Nebenwirkungsrate vergleichbar
• Die Datenlage ist insgesamt positiv, aber nicht eindeutig
• Größere Studien sind erforderlich, um standardisierte Empfehlungen abzuleiten
Für Patientinnen und Patienten mit realistischen Erwartungen und dem Wunsch nach einer umfassenden, multimodalen Therapie kann PRP eine sinnvolle Ergänzung darstellen. Die Entscheidung sollte stets individuell getroffen und regelmäßig ärztlich überprüft werden
Dieser Artikel wurde verfasst von Dr. Karin Beyer, Fachärztin für Dermatologie und Venerologie.
