Fortgeschrittene Kopfhautunterstützung bei Haarausfall – ergänzende Optionen mit klinischem Potenzial
In der Behandlung von Haarausfall – insbesondere bei funktionellen, stressbedingten oder entzündlich getriggerten Formen – wächst das Interesse an ergänzenden lokalen Verfahren, die über die klassische topische oder systemische Therapie hinausgehen. Zwei Methoden, die in spezialisierten Praxen zunehmend Anwendung finden, sind
Tricopat und JetPeel™ Hair & Scalp.
Beide Verfahren verfolgen das Ziel, die Kopfhaut gezielt zu stimulieren, die Mikrozirkulation zu verbessern, entzündliche Reize zu modulieren und wachstumsfördernde Substanzen transdermal einzuschleusen. Sie basieren auf physikalischen Prinzipien und modernster Applikationstechnik.
Auch wenn eine umfassende Evidenz aus großen kontrollierten Studien bislang fehlt, deuten erste klinische Erfahrungen sowie kleinere Untersuchungen darauf hin, dass diese Methoden – bei sorgfältiger Indikationsstellung und unter ärztlicher Supervision– ein sinnvolles unterstützendes Element im Rahmen eines mehrschichtigen Behandlungskonzepts sein können.
Die Behandlung gliedert sich bei beiden Verfahren in zwei Phasen:
• In der Initialphase wird die Behandlung üblicherweise einmal pro Woche über vier bis sechs Wochen durchgeführt, um eine gezielte Reizsetzung und Wirkstoffversorgung der Kopfhaut zu erreichen.
• In der Erhaltungsphase erfolgt die Anwendung etwa alle vier bis sechs Wochen, mit dem Ziel, die erzielten Effekte zu stabilisieren und die Kopfhaut langfristig zu unterstützen.
Die genaue Frequenz hängt vom klinischen Ziel und dem individuellen Hautzustand ab.
Nadelfreie Wirkstoffverabreichung – ein zukunftsweisender, aber noch wenig standardisierter Ansatz
Ein wesentlicher Vorteil physikalischer Technologien wie JetPeel™ und Tricopat liegt in der Möglichkeit, hochwirksame Substanzen gezielt und nadelfrei in tiefere Hautschichten einzubringen. Während klassische topische Therapien oft an der Barrierefunktion der Kopfhaut – insbesondere an der dichten Hornschicht – scheitern, bieten diese Systeme einen alternativen Zugang zur transdermalen Applikation.
Dies eröffnet neue Optionen für die lokale Verabreichung von Wirkstoffen, die sonst nur über Injektionen oder in Kombination mit Penetrationshilfen wie Microneedling angewendet werden könnten. Dazu zählen unter anderem:
• Tacrolimus, z. B. bei chronisch-entzündlichen Kopfhauterkrankungen
• Triamcinolon, z. B. bei Lichen planopilaris oder Alopecia areata
• Dutasterid, lokal angewendet zur antiandrogenen Therapie bei AGA (off-label)
• Vitaminpräparate, je nach klinischem Ziel
In der praktischen Anwendung lassen sich diese Substanzen individuell – und ausschließlich ärztlich – auswählen und dosieren, abhängig von Indikation, Diagnostik und Reizlage der Kopfhaut.
Für die klinische Praxis bedeutet das: Die physikalische Applikationstechnologie dient nicht nur als unterstützende Behandlung, sondern kann in bestimmten Fällen auch als zielgerichtetes Vehikel für eine personalisierte lokale Pharmakotherapie verstanden werden – insbesondere dort, wo Injektionen nicht gewünscht oder kontraindiziert sind.
Gleichzeitig muss betont werden, dass wir uns hier in einem Bereich mit noch begrenzter Evidenz bewegen. Zwar ist physikalisch gut nachvollziehbar und technisch nachgewiesen, dass die Wirkstoffe über diese Verfahren in die Haut eingebracht werden können – jedoch fehlen bislang standardisierte Protokolle, Dosis-Wirkungs-Studien und größere klinische Vergleichsuntersuchungen.
Die bisherigen Erfahrungen beruhen vor allem auf Einzelfallbeobachtungen und praxisnahen Anwendungen. Es handelt sich um ein zukunftsträchtiges Feld innerhalb der trichologischen Therapie, das weiterer wissenschaftlicher Untersuchung bedarf – sowohl hinsichtlich Wirksamkeit, Sicherheit als auch Langzeiteffekten.
Dieser Artikel wurde verfasst von Dr. Karin Beyer, Fachärztin für Dermatologie und Venerologie.
