Alopecia areata:
Keine rein genetische Erkrankung
Die Rolle der Umwelt: Gemeinsam leben, gemeinsam erkranken?

Alopecia Areata (AA) gilt als klassische Autoimmunerkrankung mit multifaktorieller Entstehung. Obwohl genetische Faktoren nachgewiesen sind, zeigen aktuelle Daten, dass auch Umweltfaktoren eine entscheidende Rolle spielen.

Zwillingsstudien geben Einblick in die Krankheitsentstehung
Die Analyse von eineiigen Zwillingspaaren bietet eine einzigartige Möglichkeit, den Einfluss genetischer und nicht-genetischer Faktoren zu unterscheiden. Eineiige Zwillinge teilen identisches Erbgut – Unterschiede in der Krankheitsentwicklung lassen daher auf äußere Einflüsse schließen.

Konkordanzrate: Nur 42–55 % bei eineiigen Zwillingen.
Studien aus den Jahren 1995 und 2010 zeigen, dass die Konkordanzrate – also das gleichzeitige Auftreten von AA bei beiden Zwillingen – lediglich zwischen 42 % und 55 % liegt. Wäre AA ausschließlich genetisch bedingt, müsste diese Rate bei 100 % liegen.

Interpretation: Es besteht eine genetische Anfälligkeit, aber sie allein reicht nicht aus, um die Erkrankung auszulösen. Weitere, nicht-genetische Faktoren sind notwendig.

Rodriguez und Kolleg:innen untersuchten in einer weiteren Studie gezielt den Einfluss der Umwelt anhand des gemeinsamen oder getrennten Aufwachsens bei Zwillingspaaren mit AA.

Ergebnisse:
• Zwillinge im gemeinsamen Haushalt: deutlich erhöhte Wahrscheinlichkeit, dass beide AA entwickeln
• Zwillinge in unterschiedlichen Haushalten: signifikant geringere Wahrscheinlichkeit einer gleichzeitigen Erkrankung

Statistik:
• Odds Ratio: 18,67
• Fischer’s exakter Test: p = 0,02
→ Deutlich signifikanter Zusammenhang zwischen gemeinsamem Lebensumfeld und gleichzeitiger AA-Manifestation.

Quelle: Rodriguez TA et al., J Am Acad Dermatol, 2010 ; Jackson C. et al., J Am Acad Dermatol, 1995

Fazit für Praxis und Patientenaufklärung

Die Ergebnisse zeigen klar: Alopecia Areata ist nicht ausschließlich genetisch bedingt. Eine genetische Prädisposition ist vorhanden – aber Umweltfaktoren wie Infekte, Stress, Ernährung oder andere immunologische Trigger scheinen entscheidend zu sein, ob und wann die Erkrankung tatsächlich ausbricht.

Für die Beratung bedeutet das:
AA ist keine “erblich sichere” Erkrankung – selbst bei betroffenen Familienmitgliedern kann das Risiko moderat bleiben.

Dieser Artikel wurde verfasst von Dr. Karin Beyer, Fachärztin für Dermatologie und Venerologie.

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