Primäre und sekundäre vernarbende Alopezien – was ist der Unterschied?
Vernarbender Haarausfall (medizinisch: scarring alopecia) gehört zu selteneren Formen des Haarverlustes. Charakteristisch ist, dass die Haarfollikel dauerhaft zerstört werden – mit der Folge eines irreversiblen Haarverlustes.
Dabei unterscheiden wir primäre von sekundären vernarbenden Alopezien.
Primäre vernarbende Alopezie
Bei der primären vernarbenden Alopezie richtet sich das Immunsystem gezielt gegen den Haarfollikel.
- Der Haarfollikel ist das Hauptziel der Entzündung.
- Das Immunsystem erkennt bestimmte Antigene im Haarfollikel und greift diese Strukturen direkt an.
- Durch die Zerstörung der Follikelöffnung (Ostium) kommt es zum Verlust des Haarfollikels.
Beispiele: Lichen planopilaris (LPP), Frontal fibrosing alopecia (FFA).
Sekundäre vernarbende Alopezie
Hier ist der Haarfollikel nicht das primäre Ziel. Er wird als „unschuldiger Zuschauer“ durch einen allgemeinen Krankheitsprozess in der Haut mitgeschädigt.
- Ursachen können Infektionen, Verbrennungen, Unfälle oder andere schwere Hauterkrankungen sein.
- Der Haarfollikel wird dabei indirekt zerstört, weil das umgebende Gewebe geschädigt wird.
Was beide Formen gemeinsam haben
- Beide führen zu dauerhaftem Haarverlust, da zerstörte Haarfollikel nicht wieder nachwachsen.
- Ein Leitsymptom der Vernarbung ist der Verlust der Follikelöffnungen: Im Gegensatz zu nicht-vernarbenden Alopezien (z. B. Alopecia areata), wo die Öffnungen sichtbar bleiben (z. B. als gelbe Punkte), fehlen sie hier.
Warum die Unterscheidung wichtig ist
Die Therapieansätze unterscheiden sich erheblich:
- Bei primären vernarbenden Alopezien steht die Immunsuppression bzw. -modulation im Vordergrund.
- Bei sekundären Formen muss die Grunderkrankung oder die Hautschädigung behandelt werden.
Eine exakte Diagnose durch klinische Untersuchung, Trichoskopie und ggf. Biopsie ist daher entscheidend.
Fazit
Primäre und sekundäre vernarbende Alopezien sehen äußerlich oft ähnlich aus – doch die Mechanismen sind grundverschieden. Während bei primären Formen das Immunsystem den Haarfollikel direkt attackiert, geht der Follikel bei sekundären Formen durch andere Hautprozesse verloren.
Frühe Diagnose und gezielte Behandlung sind entscheidend, um die Krankheitsaktivität zu stoppen und weiteres Fortschreiten des Haarverlustes zu verhindern.
Dieser Artikel wurde verfasst von Dr. Karin Beyer, Fachärztin für Dermatologie und Venerologie.


