Alopecia areata – mehr als „nur“ Haarausfall
Alopecia areata ist keine isolierte Haarerkrankung, sondern eng mit einer ganzen Reihe von Begleiterkrankungen verknüpft. Diese Komorbiditäten zu erkennen, ist ein zentraler Bestandteil von Diagnostik und Betreuung.
Häufige Assoziationen:
• Atopie (Asthma, atopische Dermatitis, allergische Rhinitis) – bei bis zu 40 % der Betroffenen, verglichen mit ca. 20 % in der Allgemeinbevölkerung.
• Schilddrüsenerkrankungen (v. a. Hashimoto-Thyreoiditis, Morbus Basedow) – 4–5-fach erhöhtes Risiko.
• Vitiligo – 4-fach erhöhtes Risiko.
• Psychische Erkrankungen – insbesondere Angststörungen und Depression.
• Weitere Autoimmunerkrankungen, darunter:
– Rheumatoide Arthritis
– Perniziöse Anämie
– Myasthenia gravis
– Colitis ulcerosa
– Lichen planus
– Lupus erythematodes
– Psoriasis
– Polymyalgia rheumatica
– Autoimmunes polyendokrines Syndrom (APS-1).
• Down-Syndrom (Trisomie 21) – deutlich erhöhtes Risiko für AA, oft mit schwereren Verlaufsformen.
Konsequenzen für die Betreuung:
Wenn ein Patient mit Alopecia areata vor uns sitzt, reicht es nicht, nur auf die Kopfhaut zu schauen.
Viele Assoziationen betreffen andere Organsysteme – und wenn wir sie nicht aktiv ansprechen, ist es nicht garantiert, dass sie jemand anderes berücksichtigt.
• Schilddrüse, Eisen, Vitamin D: Basis-Screening, da hier häufig Störungen bestehen.
• Metabolische Risiken: Bei Übergewicht oder Blutdruckmedikation sollte immer an Insulinresistenz und Diabetes gedacht werden.
• Psychische Gesundheit: Angst und Depression gehören zu den häufigsten Begleitern und müssen aktiv angesprochen werden.
• Besondere Konstellationen: Patient:innen mit Trisomie 21 zeigen häufig schwerere Verläufe – ein Hinweis, wie eng Immunabwehr und Genetik zusammenwirken.
Die zentrale Botschaft: Alopecia areata ist mehr als Haarausfall.
Nur wenn wir Patient:innen ganzheitlich betrachten, können wir Lebensqualität und Therapieerfolg wirklich verbessern.
Dabei gilt: Bei Alopecia areata sprechen wir nicht von Heilung, sondern von Remission.
• Heilung bedeutet, dass eine Krankheit endgültig verschwindet und nicht zurückkehrt.
• Remission bedeutet, dass die Symptome abklingen und die Haare nachwachsen können – manchmal vollständig, manchmal nur teilweise. Doch die genetische Veranlagung bleibt lebenslang bestehen, und damit auch das Risiko eines Wiederaufflammens.
Gerade deshalb ist der Blick auf Begleiterkrankungen, Lebensqualität und psychische Gesundheit so entscheidend:
Er stärkt die Chance auf eine stabile Remission und hilft Patient:innen, langfristig besser mit der Erkrankung umzugehen.
Dieser Artikel wurde verfasst von Dr. Karin Beyer, Fachärztin für Dermatologie und Venerologie.







