Alopecia areata: Vererbungsmuster und familiäre Häufung

Alopecia areata ist eine Autoimmunerkrankung, bei der das Immunsystem die eigenen Haarfollikel angreift. Dabei spielen sowohl genetische als auch Umweltfaktoren eine Rolle. Die genetische Veranlagung allein führt jedoch nicht zwangsläufig zum Ausbruch der Erkrankung. Das wird besonders deutlich, wenn man sich Zwillingsstudien anschaut: Selbst bei eineiigen Zwillingen – die genetisch identisch sind – erkrankt der zweite Zwilling nur in etwa 55 % der Fälle, wenn der erste betroffen ist. Das verdeutlicht, dass zusätzliche Einflüsse notwendig sind, um die Erkrankung auszulösen.

Die Vererbung ist komplex und folgt keinem einfachen Muster wie bei autosomal-dominanten Erkrankungen. Vielmehr handelt es sich um eine sogenannte polygenetische Vererbung – es sind also viele Gene beteiligt, die gemeinsam das Risiko beeinflussen. Das bedeutet auch: Selbst wenn ein Elternteil an Alopecia areata erkrankt ist, ist das Risiko für das Kind vergleichsweise gering.

Wie hoch ist das Risiko für Familienangehörige?

Diese Frage hat eine zentrale Studie von Blaumeiser et al. (2006) untersucht. Dabei wurden 206 Patienten mit Alopecia areata und ihre Familien detailliert betrachtet. Insgesamt konnten Informationen von über 1000 Verwandten ersten Grades (Eltern, Kinder, Geschwister) und mehr als 2600 Verwandten zweiten Grades erhoben werden.

Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick:

1. Das Risiko für Kinder von Betroffenen liegt bei etwa 5,7 %.

Das bedeutet: Wenn ein Elternteil an Alopecia areata erkrankt ist, entwickelt nur etwa jedes zwanzigste Kind im Laufe seines Lebens ebenfalls die Erkrankung.

2. Das Erkrankungsalter des Elternteils beeinflusst das Risiko für das Kind nicht.

Allerdings: Wenn das Kind ebenfalls erkrankt, zeigt sich häufig ein ähnliches Erkrankungsalter wie beim Elternteil. In der Studie war das Alter bei Krankheitsbeginn zwischen Eltern und Kindern signifikant korreliert.

3. Schwere Verlaufsformen wie Alopecia totalis oder universalis erhöhen das Risiko für die Kinder nicht.

Auch wenn ein Elternteil eine schwerere Form der Erkrankung hat, bleibt das Risiko für die Kinder ähnlich niedrig (ca. 6 %). Und sollte es zu einer Erkrankung kommen, verläuft diese bei den Kindern meist milder.

Fazit für Betroffene und Angehörige:

Alopecia areata zeigt eine gewisse familiäre Häufung, das Risiko für Kinder bleibt aber insgesamt gering. Zudem ist der Verlauf – selbst bei familiärer Vorbelastung – oft weniger ausgeprägt. Wichtig ist: Die Erkrankung entsteht immer aus dem Zusammenspiel genetischer und äußerer Faktoren, wobei Letztere noch nicht vollständig verstanden sind.

Dieser Artikel wurde verfasst von Dr. Karin Beyer, Fachärztin für Dermatologie und Venerologie

Quelle:

Blaumeiser et al. Familial Aggregation of Alopecia Areata. Journal of the American Academy of Dermatology. 2006 Apr;54(4):627-32.

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