Frage der Woche: Warum wird meine Kopfhautpsoriasis abends oft unangenehmer und juckender?

Vielen Dank für diese spannende Frage! Tatsächlich berichten viele Betroffene, dass ihre Symptome am Abend oder in der Nacht zunehmen.

Die Psoriasis (Schuppenflechte) ist eine chronisch-entzündliche Hauterkrankung, die häufig auch die Kopfhaut betrifft. Typische Merkmale sind gerötete, schuppende Plaques – doch für viele Betroffene ist Juckreiz (medizinisch: Pruritus) das belastendste Symptom.

Wann tritt der Juckreiz auf?

Psoriasis-bedingter Juckreiz kann grundsätzlich zu jeder Tageszeit auftreten. Viele Patientinnen und Patienten berichten jedoch, dass der Juckreiz insbesondere abends oder nachts deutlich stärker ausgeprägt ist – ein Phänomen, das auch in wissenschaftlichen Studien beschrieben wurde.

Warum ist der Juckreiz abends schlimmer?

Mehrere Faktoren können erklären, warum der Juckreiz im Verlauf des Tages zunimmt:

  1. Zirkadianer Rhythmus entzündlicher Botenstoffe
    • Bestimmte Entzündungsmediatoren wie Interleukin-2 (IL-2), Interleukin-17 (IL-17) und Tumornekrosefaktor-α (TNF-α) zeigen eine Tagesrhythmik – sie steigen abends oder nachts an und können das Juckempfinden verstärken.
    • Gleichzeitig fällt abends der Cortisolspiegel (ein körpereigenes Hormon mit entzündungshemmender Wirkung), was zu einer Verschlechterung der Symptome führen kann.
  2. Wärme und Gefäßerweiterung
    • In den Abendstunden steigt die Hauttemperatur, was zu einer Erweiterung der Blutgefäße (Vasodilatation) führt und den Juckreiz zusätzlich triggert.
    • Auch äußere Faktoren wie warme Bettwäsche oder schlechte Luftzirkulation können die Haut zusätzlich reizen.
  3. Weniger Ablenkung, mehr Wahrnehmung
    • Tagsüber sind viele Menschen durch Arbeit, Gespräche oder andere Aktivitäten abgelenkt.
    • Abends, im Ruhezustand, rückt das Juckempfinden stärker in den Vordergrund.
  4. Erhöhte Hauttrockenheit in der Nacht
    • Nachts kommt es zu einem Anstieg des transepidermalen Wasserverlusts (TEWL) – also zu mehr Feuchtigkeitsverlust über die Haut.
    • Dies kann insbesondere bei psoriatisch veränderter Kopfhaut zu verstärkter Trockenheit (Xerose) und Schuppung führen – beides Faktoren, die Juckreiz begünstigen.

Klinische Relevanz: Schlaf und Lebensqualität

Die Auswirkungen sind nicht zu unterschätzen:
Viele Betroffene leiden unter Einschlaf- oder Durchschlafstörungen, was wiederum die Lebensqualität und das allgemeine Wohlbefinden erheblich beeinträchtigt.

Fazit:
Die Psoriasis der Kopfhaut ist nicht nur ein kosmetisches Problem – Juckreiz, insbesondere in den Abendstunden, kann den Alltag und den Schlaf erheblich stören. Durch gezielte Pflege, die Berücksichtigung biologischer Rhythmen und eine individuell angepasste Therapie lässt sich die Situation oft deutlich verbessern.

Was kann helfen?
• Pflege am Abend: Eine feuchtigkeitsspendende Kopfhautlotion mit Harnstoff oder Polidocanol kann abends aufgetragen werden, um trockene, gespannte Haut zu beruhigen und nächtlichen Juckreiz zu lindern.
• Schlafumfeld optimieren: kühle, gut belüftete Schlafumgebung und leichte Bettwäsche helfen, die Hauttemperatur zu senken und die nächtliche Vasodilatation zu reduzieren.
• Zielgerichtete Therapie: Bei stärkerem Juckreiz ggf. abendliche Applikation von entzündungshemmenden Präparaten (z. B. Kortisonlösungen, Vitamin-D-Analoga, je nach ärztlicher Empfehlung).
Denn eine wirksame antientzündliche Therapie verbessert meist auch den Juckreiz, ggf gezielt am späten Nachmittag oder Abend, wenn die Entzündungsaktivität ansteigt.
• Stressreduktion vor dem Zubettgehen durch z. B. Atemübungen oder Entspannungsrituale kann die Wahrnehmung von Juckreiz mindern.

Dieser Artikel wurde verfasst von Dr. Karin Beyer, Fachärztin für Dermatologie und Venerologie.